Sonntag, 17. April 2011

Fragen an eine Trageberaterin www.trageberatung.org

Gekürzter Auszug aus dem Buch "Hausgeburt und Gebären im Geburtshaus" www.fidibus-verlag.de

Hallo Frau Dittmann! Sie beraten Eltern beim Tragen ihrer Kinder und bieten selbst Tragehilfen und anderes Sinnvolles für junge Eltern an. Auf Ihrer Internetseite www.trageberatung.org haben sie stets ein offenes Ohr für Familien. Wie kamen Sie Selbst zum Tragen?

Schon nach der Geburt unseres ersten Kindes war mir klar, dass ich mich viel sicherer fühle, wenn ich das Baby an mir dran habe, es also trage. Sobald der Kleine im Kinderwagen lag, hatte ich ein ungutes Gefühl, dass ich nicht mehr die Sicherheit habe, dass es meinem Baby gut geht, dass es ruhig atmet, dass es zufrieden schläft, dass kein Fahrradfahrer den Kinderwagen umfährt usw. Ausserdem war es immer sehr umständlich, mit dem Kinderwagen mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. So lag das Tragetuch nahe. Dies war der Beginn meiner nun 12 Jahre andauernden Tragezeit. 
Unterdessen haben wir fünf Kinder, allesamt wurden sie getragen, die Jüngste sitzt nach wie vor noch viel im Tragetuch und verschiedenen Tragehilfen. Den Kinderwagen haben wir nach der Geburt des zweiten Kindes ganz abgeschafft. 
Frühkindliche Psycholgen sprechen seit einiger Zeit auch vom "Tragling". Dass kleine Kinder viele Stunden am Tag an ihre Eltern "gebunden" sind, setzt sich immer mehr durch. Meine persönliche Erfahrung mit meinen drei Jungs ist, dass sie völlig entspannt über Stunden auf meinem Rücken reiten und ich so sowohl meine Arbeit, als auch Haushalt bewältigen kann.
Sind getragene Kinder zufriedener?
Ja! Getragene Kinder sind auf jeden Fall zufriedener, dies kann ich sowohl als Mutter, als auch als Trageberaterin bestätigen. Tragen befriedigt die verschiedensten Bedürfnisse eines Babys: Nähe, Wärme, den Herzschlag der Mama/des Papas hören, in Bewegung sein, sich versorgt wissen, im Geschehen sein, jedoch nicht den Mittelpunkt abgeben. 
Der Begriff "Tragling" kommt aus der Biologie, er bezeichnet sowohl das Menschenbaby, als auch Affenbabies pp. Im Gegensatz zum Nesthocker und Nestflüchter kommt der Tragling, so das Menschenkind, mit der Erwartung getragen zu werden zu Welt. Viele Millionen Jahre wurde der Nachwuchs getragen, erst vor rund 150 Jahren wurde der Kinderwagen erfunden. Es ist durchaus keine neue Modeerscheinung, Babys zu tragen, sondern eine uralte Vorgehensweise, um den Nachwuchs vor Gefahren zu schützen. Hätten die Höhlenmenschen ihre Babys nicht mit sich herum getragen, wären wir ausgestorben, denn wilde Tiere hätten die Kinder einfach aufgefressen. 
Viele Mütter haben jedoch anfangs Schwierigkeiten, ihre Kinder so lange zu tragen. Sie haben akute Rückenschmerzen und fürchten auch langfristige Rückenschäden.
Was können Eltern tun, um ihren Rücken so zu belasten, dass sie langfristig und ohne übermäßige Ermüdung und vielleicht über Stunden tragen können?

Ganz wichtig ist, dass die Eltern eine ergonomische Tragehilfe nutzen. Dies bedeutet, dass sie entweder ein Tragetuch oder eine Tragevorrichtigung nutzen, die sowohl die anatomischen Gegebenheiten des Babys, als auch der Eltern unterstützt. 
Wichtig für die Eltern ist, dass das Gewicht sich gut verteilt, bei einem Tragetuch ist das der Fall bei breit aufgefächerten Tuchsträngen, bei einer Komfortragehilfe, wenn die Träger gut gepolstert oder gut auffächerbar sind. Zudem muss der Schwerpunkt ganz nah am Körper der/des Tragenden sein. 
Es gibt keine Faustregel, wem welche Tragehilfe oder Bindeweise gut passt, die Eltern sollten auf jeden Fall eine Trageberatung in Anspruch nehmen und zusammen mit einer zertifizierten Trageberaterin heraus finden, was zu ihnen passt und was am besten sitzt. Eine Trageberaterin lässt sich über Google, aber auch über das Verzeichnis im TRAGEKALENDER finden (zu beziehen über http://richtigtragen-shop.de). 
Nicht zu vergessen ist, dass die Eltern mit dem Gewicht des Babys mitwachsen. Fangen Eltern erst nach Wochen oder Monaten an zu tragen, sollten sie sich auf jeden Fall Zeit lassen und die Tragezeit so steigern, dass sie sich wohl fühlen und keine Überlastung wahr nehmen. Fangen die Eltern direkt nach der Geburt an zu tragen, wachsen sie ganz natürlich mit dem Gewicht des Traglings mit. (...)
Danke für das Gespräch!


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