Montag, 11. April 2011

Jesper Juul in der ZEIT

Familientherapeut Jesper Juul "Ich kämpfe täglich mit deutschen Müttern"

Eltern, die viel zu höflich sind. Kinder, die süchtig nach Lob werden. Und Familien, die das Glück erzwingen wollen. Der dänische Therapeut und Bestsellerautor Jesper Juul kennt sie alle

ZEITmagazin: Ist es heute eine gute Zeit, um ein Kind zu sein, Herr Juul?

Jesper Juul: Eigentlich müsste man die Kinder selbst fragen, nur werden sie ja leider ohne Geschichte geboren – sie wissen nicht, wie es früher war. Ich selbst denke: ja und nein. Es ist eine gute Zeit, denn die individuelle Freiheit der Kinder hat sich vergrößert. Gleichzeitig sind wir allerdings dabei, das Leben von Kindern mehr und mehr zu begrenzen.

ZEITmagazin: Inwiefern?
Juul: In Skandinavien verbringen 95 Prozent der Kinder zwischen dem ersten und dem 14. Lebensjahr insgesamt unglaubliche 26.000 Stunden in pädagogischen Einrichtungen, in denen sie ein vorgegebenes Programm absolvieren müssen. Wie Kinder wohnen, wie sie sich durch die Stadt bewegen, das alles hat sich verändert, die Grenzen um die Kinder herum waren nie enger als jetzt. Es ist übrigens interessant, dass die Leute ausgerechnet heute immer sagen: »Kinder brauchen Grenzen.«
ZEITmagazin: Eine Maxime, die man später belächeln, vielleicht sogar verurteilen wird?

Juul: Ganz sicher. Die armen Kinder haben ja heute kaum noch Zeit für sich, sie haben keinen erwachsenenfreien Raum, wie meine Generation ihn noch hatte. Auf der Straße, im Hof, im Wald – da haben wir früher soziale Kompetenz erworben, nicht in der Schule oder zu Hause, wo wir allenfalls gelernt haben, wie man sich korrekt und höflich verhält.

ZEITmagazin: Und trotzdem können Kinder heute stärker über sich selbst bestimmen als früher?
Juul: Die Kinder sind geistig freier – das ist ein Gewinn, aber es führt auch zu Konflikten. Es gibt da interessante Parallelen zur Reaktion auf die Emanzipation der Frauen. Im Grunde sind die Frauen ja ähnlich befreit worden wie die Kinder. Als sie sagten, jetzt wollen wir ran, hieß es, jetzt ist die Familie tot. Und nachdem damals die Männer Macht abgeben mussten, müssen das heute die Erwachsenen tun. Das ist für sie schwer zu ertragen. Sie müssen sich stärker mit den Kindern auseinandersetzen.

Den ganzen Artikel kannst du hier lesen: http://www.zeit.de/2010/09/Jesper-Juul

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