Montag, 18. April 2011

Erfahrungsbericht einer Hausgeburt

Auszug aus dem Buch "Hausgeburt und Gebären im Geburtshaus" www.fidibus-verlag.de

Jensons Geburt

(...) "Für mich kam allerdings eine Hausgeburt auch nur mit Bettina in Betracht. Es liegt sehr viel an dem Vertrauensverhältnis zur Hebamme. Ich habe mit Bettina schon in der ersten Schwangerschaft meine Ängste geklärt und sie hat mich immer bestärkt, dass ich meinem Körper vertrauen soll und dass ich das schaffen werde. Das Schönste ist, dass ich das Vertrauen in meinen Körper und meine Fähigkeiten auch als Mutter bis heute behalten habe. Auch in schwierigeren Phasen mit meinen Jungs (z.B. das Syndrom meines älteren Sohnes) habe ich immer auf mein Bauchgefühl gehört. Dies hat sich im Nachhinein meist als richtig erwiesen. (...)

Aber die Wartezeit auf mein Baby sollte noch nicht zu Ende sein. Trotz Beckenkreisen und Rumlaufen wurden die Wehen immer schwächer und die Abstände immer größer. Um 11:00 Uhr vereinbarten Bettina und ich, dass sie vorerst wieder fährt und wir am Abend wieder telefonieren, falls sich bis dahin nicht schon etwas getan hat. Als sie dann weg war, war ich ziemlich deprimiert und ein paar Tränen liefen doch vor Enttäuschung. Ich wollte doch endlich mein Baby bekommen. Ich ging erstmal duschen und der Rest des Tages verlief ruhig.

Um 18:00 Uhr rief ich Bettina an, um ihr zu sagen, dass sich nichts weiter getan hätte. Sie meinte, ich solle abwarten, es würde bestimmt in der Nacht weiter gehen. Nachdem am Abend der Kleine zu Bett gebracht war, spielte ich zur Ablenkung auf dem Computer und merkte ab 19:30 Uhr wieder Wehen. Dieses Mal wartete ich erstmal ein paar Stunden ab. Nach zwei heftigen Wehen, die ich schon so stark veratmen musste, dass M. aus dem Nebenzimmer kam, um nach mir zu sehen, bat ich um 22:45 Uhr Bettina wieder zu kommen. Kurz nach 23:00 Uhr war sie wieder da und ich im Nachhinein meine ich, dass dann bei einer kräftigen Wehe auch die Fruchtblase geplatzt sein muss. Weil der Kopf aber schon gut im Becken saß, ging kaum Wasser ab. Ich bat Bettina sofort, Wasser in unsere Badewanne zu lassen. Wir gingen nach oben ins Bad, während M. alles andere regelte. Er stellte Kerzen auf, legte meine Wasserflasche bereit, drehte die Heizung höher und legte Handtücher zum Anwärmen in den Backofen.

Eine ganze Weile veratmete ich Wehe um Wehe umgeben von warmen Wasser. Irgendwann verließ mein Mann das Bad, um etwas zu Trinken. Trotz dem mein Zeitgefühl verschwamm, kam mir seine Abwesenheit doch recht lange vor. Später erzählte er mir, dass er ins Schlafzimmer zu seiner Wasserflasche gegangen war und sich dachte, sich nur 5 Minuten hinzulegen. Der wenige Schlaf in der Nacht vorher und die übermäßige Wärme im Bad hatten ihn so müde gemacht, dass er natürlich eingeschlafen war und eine halbe Stunde später erschrocken vom Bett aufsprang. Da er in der Zeit nichts für mich hätte tun können und Bettina immer an meiner Seite war, fand ich es amüsant.

Kurz nach 2:00 Uhr kam die erste Presswehe, bei der ich dann doch lauter wurde. Kaum war ich verstummt, hörten wir James aus seinem Zimmer weinen. Da meine Schwester Urlaub hatte, hätten wir sie Tag und Nacht anrufen können und sie wäre sofort herbeigeeilt, um sich um James zu kümmern. Aber das hätte sie nun zeitlich auf keinen Fall geschafft. Marc ging zu James, während ich Bettina ansah und jammerte „Doch nicht jetzt.“ Bettina bot mir ihre Hand zum Quetschen mit den Worten „Ich weiß, dass ist nicht dasselbe, aber bis M. wieder da ist...“ Zum Glück hatte mein Sohn wohl nur schlecht geträumt und war nach Einschalten der Spieluhr wieder eingeschlafen. So konnte mein Mann bei der übernächsten Wehe wieder meine Hand nehmen und den Endspurt miterleben.

Um 2:24 Uhr kam Jenson auf die Welt und lag sofort eingehüllt von warmen Handtüchern auf meiner Brust. Er schrie gleich los und ich versuchte ihn mit Singen und Wiegen zu beruhigen. Ich weiß noch, dass ich gar nicht mehr von seinem kleinen Gesicht wegsehen konnte. Erst später haben wir nachgeschaut, ob das auf dem Ultraschallbild eindeutig zu erkennende Geschlecht auch zutraf. 10 Minuten später durchschnitt mein Mann die Nabelschnur und wir ließen das Wasser gerade rechtzeitig ab, als die Plazenta abging.

Dann haben wir es uns erstmal in unserem Bett gemütlich gemacht. Bettina untersuchte mich ein letztes Mal und konnte zum Glück keine Verletzungen feststellen. Ich habe Jenson dann angelegt, was - im Gegensatz zu meinem Ersten damals - sofort funktionierte. Um 3:45 Uhr machte Bettina die U1 und fuhr mit dem Hinweis nach Hause, dass sie am nächsten Nachmittag wieder nachschauen würde.

Am Nachmittag schaute Bettina wieder nach uns. Das Stillen klappte gut, das Kindspech war auch schon in der Windel und ansonsten schlief Jenson. (...) Da mein Mann erstmal drei Wochen Urlaub hatte, genossen wir nun zu viert die Kennenlernzeit."

3 Kommentare:

  1. Der Bericht liest sich wunderschön...Am schönsten ist die Stelle, wo das Baby erst auf die Brust gelegt worden ist und erst danach geguckt wurde, ob es ein Junge ist <3

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  2. ja, ich kann den Bericht ganz oft lesen. Für mich hat diese Geburt so eine magische und hoffnungsvolle Ausstrahlung. Ich danke der Autorin, dass wir daran teilhaben dürfen!

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  3. Der Bericht liest sich ganz wunderbar, alles geht einfach seinen Gang, so normal. Wie schön, so sollte es ein.

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